Ihr Ruf traf mich. Mein Blick folgte diesem Ruf. Weit oben, in großer Entfernung entdeckte ich sie. Riesige Schwärme. Angeordnet in Keil-Formationen glitten sie durch die Lüfte. In Richtung Süden. Ihre Rufe hallten über das Firmament hinweg. Ich blickte ihnen nach. Meine Gedanken verloren sich. In ihrem Ruf lag so etwas wie Vorfreude. So etwas wie Hoffnung. Vorfreude und Hoffnung auf den Ort, der da vor ihnen liegen mochte.
Langsam wurden sie kleiner und kleiner. Ihre Rufe leiser und leiser. Ich blieb zurück. Ja, fliegt dorthin, wo es Licht ist. Dorthin, wo es warm und einladend ist. Dorthin, wo das Leben ist. Ihr macht es genau richtig. Wie gerne hätte ich meine Flügel ausgebreitet, wäre abgehoben und ihnen gefolgt. Mein Herz rief: „Wartet auf mich!“ Doch mein Ruf verendete, noch bevor er mir über die Lippen gehen konnte. Er blieb mir in der Kehle stecken. Meine Füße waren durch schwere Eisen am Boden festgekettet. Keine Leichtigkeit, kein Ausbrechen.
Der Ort, an dem ich mich befand, versank langsam im Winter. Der Schatten des Krieges breitete sich aus. Dunkle Zeiten erhoben sich vor uns. Kälte zog ein. Das, was vor uns lag, war noch nie so ungewiss gewesen. Es war von Sorge, Angst und Verzweiflung durchsetzt.
Wenn die Zeit der Dunkelheit und der Kälte in einigen Monaten im Schwinden begriffen sein wird, werden die Zugvögel wieder zurückkehren. Zurückkehren von dem Ort, wo es die gesamte Zeit über so hell und so warm gewesen ist. Doch was werden sie hier vorfinden? Wie werden der Krieg und seine Auswirkungen diesen Ort hier verändert haben? Und wie werde ich selbst mich verändert haben? Bangen Auges blickte ich auf diesen Moment. Und doch schwang noch etwas ganz anderes mit, als ich an die Scharen der Zugvögel dachte, die am Firmament auftauchen, um die Natur um uns herum wieder zu bevölkern: Hoffnung.