Horizont

Unsere Füße versanken in weichem Sand. Dünengräser streichelten unsere Beine. Mit jedem Schritt. Obwohl die Sonne den Sand noch vor ein paar Stunden unter unseren Füßen hatte förmlich brennen lassen, fühlte er sich jetzt unerwartet kühl an. Obwohl die Sonne noch vor ein paar Stunden jegliche Feuchtigkeit aus dem Sand förmlich herausgebrannt hatte, durchzog ihn jetzt eine zarte Nässe.

Wir ließen unsere Blicke über die Weite des Meeres schweifen. Es lag beinahe regungslos und totenstill vor uns. Seine Ruhe durchsetzte das gesamte Bild bis hin zum Horizont. Und legte auf eine ganz eigentümliche Weise die ihm innewohnende Friedfertigkeit auf das gesamte Panorama.

Nach einigen hundert Metern hatten wir unseren Platz gefunden. Wir ließen uns im Sand nieder und den Ausblick auf uns wirken. Dämmriger Schleier webte sich in die Landschaft ein. Und begann sanft, die verbliebenen Reste des Tages aus dem, was sich uns darbot, herauszusaugen.

Von weit hinten aus, von dort aus, wo Himmel und Meer aufeinandertrafen, breitete sich seltsames Lila aus. Erst erklomm es den Horizont. Dann färbte es das Meer ein. Es schlich uns entgegen. Und schließlich umhüllte es uns von allen Seiten.

Die Natur erstrahlte in einer Weise, die wir vielleicht zum allerersten Mal in unserem Leben wahrnahmen. Wir verloren uns in diesem Anblick. Unfähig, auch nur ein Wort hervorzubringen. Welch ein Privileg, zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort verweilen zu dürfen.

Als das Dunkle die Oberhand gewann, erstand am Horizont ein feuriger Pilz. Es sah aus, als stiege er irgendwo weit hinter dem Meer auf. Erst noch ganz klein. Doch langsam wurde er größer und breitete sich aus.

Böse Vorahnungen stiegen in uns auf. Wenige tausend Kilometer in die Richtung, aus der dieser feurige Pilz aufstieg, sprachen in diesem Moment die Waffen. Brudervolk gegen Brudervolk hatte sich erhoben. Ein hoher Blutzoll wurde gezahlt. Und schleifte die gesamte Menschheitsfamilie ins Ungewisse. Drohungen einer nuklearen Eskalation hingen wie ein Damoklesschwert über dem Kriegsgebiet. Sollte dort das eingetreten sein, wovor wir uns alle so sehr gefürchtet hatten? Sollten dort gerade durch das nukleare Schwert ganze Landstriche, Städte und unzählige Menschen ausgerottet werden? Sollte das Unvorstellbare tatsächlich eingetreten sein?

Je höher dieser feurige Pilz aufstieg, desto mehr enzwickelte er sich zu einem roten Ball. Von dort ganz hinten aus, wo Himmel und Erde aufeinandertrafen, begann er die gesamte Szenerie zu überstrahlen. Kein Atompilz, sondern der Mond. Blutroter Vollmond. Je mehr die Nacht alles zudeckte, desto mehr erleuchtete er sie. Das Dunkel der Nacht konnte ihn nicht überwältigen. Und so würde es bleiben bis zum Morgengrauen.