Der junge Parzival

Ich konnte mich nicht mehr erinnern. Daran, wie lange ich im freien Fall nach unten gestürzt sein mochte. Daran, wie hart mein Aufprall auf den Boden gewesen sein mochte.

Als ich zu mir kam, war ich allein. Unter mir feuchter, modriger Waldboden. Langsam erhob ich mich und ließ den Blick schweifen. Um mich herum reihten sich Kiefern, Fichten und anderes Gehölz aneinander. Und verloren sich irgendwo im Dunkel, das diesen Ort vollständig unter sich begrub. Noch etwas anderes waberte hier: Traurigkeit, Einsamkeit. Es ging eine deprimierende Symbiose mit dem omnipräsenten Dunkel ein. Langsam kroch es mir unter meine Haut. Irgendwie aber strahlte dieser Ort auch etwas mir seltsam Vertrautes aus. Mit einem Mal war mir, als erkannte ich diesen Ort wieder. Oder als erkannte dieser Ort mich wieder.

Neben mir rottete eine kleine, hastig zusammengezimmerte Baracke vor sich hin. Die Tür stand einen Spalt weit offen, das Schloss hielt sie nicht mehr. An mehreren Stellen tropfte es durch das Dach ins Innere der Baracke. Die Scheibe des viel zu kleinen Fensters hinter den zerrissenen und angeschimmelten Vorhängen war gebrochen. Die Innenverkleidung aus Holz an mehreren Stellen aufgeqollen. Fauliger Geruch. Rechts, über die ganze Länge der Wand, lag eine notdürftige Matratze mit Decke und Kissen auf dem Boden. Daneben eine kleine Kiste, darauf ein Bilderrahmen ohne Bild. Irgendjemand schien hier zu hausen. Doch hatte er in diesem Raum keinerlei persönliche Note hinterlassen.

Ein paar Meter von der Baracke entfernt stand ein rundliches Häuschen aus Lehm, dessen Dach mit Stroh eingedeckt war. Kleine eckige Fenster ließen lediglich die Ahnung von Helligkeit ins Innere. So wie dieses Häuschen hatte ich mir immer die Hexenhäuschen in den alten Märchen vorgestellt. Von der Eingangstür aus erschloss sich sogleich eine kleine Küchenzeile mit Lehmofen und mehreren hölzernen Vitrinenschränkchen und Regalbrettern. Diese quollen förmlich über von Gefäßen mit allerlei Kräutern und Pulvern gefüllt und Fläschchen in allen Formen und Größen. In der Mitte des Häuschens befand sich eine offene Feuerstelle. Der Geruch erkalteten Rauchs lag in der Luft. An der einen Stelle an der Wand stand ein alter massiver Holztisch mit ebenso massiven Holzbänken drumherum. An einer anderen Stelle an der Wand ein kunstvoll verziertes hölzernes Bett mit verblasstem und verwaschenem Bettzeug darauf.

Neben dem Bett befand sich ein Nachttischchen und auf diesem ein stark verstaubter Bilderrahmen. Ich nahm das Bild in die Hand. Es zeigte eine alte Patriarchin. Mit jeder Pore strahlte sie Anmut und Dominanz aus. Sie war es, die über diesem Ort das Zepter schwang. Niemand und nichts konnte neben ihr erblühen. Ihre Präsenz erstickte alles Männliche. Vor der Patriarchin saß ein kleiner Junge: Kraftlos. Schwächlich. Einsam. Ödipal. Plötzlich wusste ich: Dies war der Junge, der die Baracke bewohnte. Die Patriarchin hatte ihm ihre Hand auf die Schulter gelegt. Der Junge war unter der Hand zusammengesackt. Ich wischte den Staub vom Bild, um das Gesicht des Jungen erkennen zu können. Als ich das getan hatte, erkannte ich, dass das Gesicht des Jungens mein eigenes Gesicht war.

4 Gedanken zu “Der junge Parzival

  1. Ehre und nähre deine göttliche Männlichkeit…wir brauchen neben einer starken, gesunden und kraftvollen männlichen Seite in uns auch eine zulassende…weibliche und sanfte Seite…

    Anima und Animus…Yin und Yang ☯️

    kein Macho …kein Weichei…

    keine Tussi und vor allem keine Opfer…

    Eigenverantwortung…Mut…Stärke…Kraft…inneres Wissen und Intuition…

    wir üben! 🥳😎🤘🥰💜✨🪷🦄

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      • yo… des mach ma jetzt bis wir in die Kiste hüpfen…und wenn wir nicht fertig werden und erlöst sind…dann mach ma im nexten Leben einfach fröhlich weiter…ist ja immer was aufzudecken bis wir erleuchtet sind…🤣✨🥳🥰💜🪷

        keep on rockin 😎🤘🤩

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